Samstag, 29. Dezember 2018

Rezension: Mary Hooper "Das aussergewöhnliche Leben der Eliza Rose"


Mary Hooper ist bekannt für ihre Jugendromane, die im neuzeitlichen England spielen und jeweils eine junge Heldin begleiten. Mit dem Roman "Das aussergewöhnliche Leben der Eliza Rose" reist der Leser in das England von Charles II und dem berühmten Strassenräuber Claude Duval; genauer gesagt in das Jahr 1670.


Handlung:
Die 15-jährige Eliza wird von ihrer Stiefmutter von zu Hause rausgeworfen. Mit all ihrem Hab und Gut macht sie sich auf den Weg nach London, wo ihr Vater als Handwerker am Wiederaufbau der Stadt nach dem grossen Feuer hilft. Dort angekommen hat sie kein Geld mehr und stiehlt aus Verzweiflung und Hunger etwas zu Essen. Kurzerhand wird sie festgenommen und landet im berüchtigten Clink-Gefängnis. Nach einiger Zeit kauft sie eine Frau, die sich als ihre Tante ausgibt, frei. Doch warum? Nach einiger Zeit lernt sie Nell Gwyn kennen, die eine Schauspielerin des Höfischen Theaters ist, und wird so hineingeführt in die Welt des Adels und des Theaters mit all ihren Intrigen. Dabei findet sie auch heraus, wer sie eigentlich ist.

Kritik:
Ein 15-jähriges Mädchen, das sich auf die Suche nach sich selber macht, ist kein neues Konzept. Und doch schafft es Hooper mit der Einbettung dieses Konzepts in das neuzeitliche England, mit dessen Eigenheiten und Lebensstilen, eine neue Art dieser Erzählung zu erschaffen. Es gibt viele Irrungen, Verwechslungen und kritische Situationen, in denen sich Eliza wiederfindet. Leider bleibt dabei der Spannungsbogen sehr flach und das Ende ist bereits nach drei Viertel des Buches vorhersehbar und abrupt. Das spannendeste an diesem Roman sind die unterschiedlichen Figuren, die darin vorkommen und zum grossen Teil auf wahren Personen beruhen (z.B. Charles II, Nell Gwyn und ihre Mutter sowie der berühmte Strassenräuber Claude Duvall). Deren Entwicklungen, Lebensweisen und Träume sowie ihre Interaktionen untereinander sind so vielfältig und interessant dargestellt, dass man als Leser leicht in diesem Roman versinken kann. Weniger überzeugt hat mich hingegen die Protagonistin Eliza Rose. Sie scheint stellenweise sehr sympathisch, jedoch wiederum an anderen Stellen recht naiv und nicht zeitgemäss. So fällt es beim Lesen schwer sich mit ihr zu identifizieren. Innerhalb der Handlung gibt es wenige Stellen, in der die Protagonistin in sich geht und reflektiert. Dies wird unterstützt durch den Schreibstil, der einen Fokus auf Dialoge und verständliche, moderne Sprache legt. Dabei schildert dieser sehr eindrücklich das Leben im neuzeitlichen London und ist durch die Verwendung der oben erwähnten Persönlichkeiten sehr authentisch.

Empfohlenes Lesealter: ab 10 Jahren

Themen: Neuzeit, London, Royal, Identität

Punkte: 4/5

Buchinformationen: Mary Hooper, Taschenbuch, 444 Seiten, Bloomsbury K&J Taschenbuch Verlag

Montag, 24. Dezember 2018

Rezension: David Safier "28 Tage lang"




David Safier kennt man vor allem als Autor von lustigen und leichten Romanen wie "Jesus liebt mich" oder "Plötzlich Shakespeare". Mit dem Jugendroman "28 Tage lang" versucht er sich an den historisch schwierig zu übermittelten Themen; Das Warschauer Ghetto und der Holocaust.

Handlung:
Mira ist ein 16-jähriges Mädchen, das mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Hannah im Warschauer Ghetto lebt. Um dort zu überleben, schmuggelt sie Lebensmittel vom polnischen Teil Warschaus in das Ghetto. Sie ist das Oberhaupt und die Ernährerin ihrer Familie und kümmert sich liebevoll um ihre Schwester, die eine fantasievolle Geschichtenerzählerin ist. Mitte 1942 fängt die SS an das Warschauer Ghetto aufzulösen und die Juden in Konzentrationslager zu bringen. Hoffnung haben einzig die "Arbeitssklaven", die für die deutschen Unternehmen in Warschau arbeiten und eine Arbeitsbescheinigung haben. Da Mira und ihre Familie solch eine nicht haben, verstecken sie sich in ihrem Haus. Schlussendlich schliesst sich Mira der Jüdischen Kampforganisation (ZOB) an, deren Aufstand gegen die SS am 19. April 1943 startet und 28 Tage lang dauert. 

Kritik:
Safier ist es gut gelungen ein erdrückendes und beklemmendes geschichtliches Ereignis in einen Roman umzuschreiben. Dabei stellen sich die Personen immer wieder die Frage "Was für ein Mensch willst du sein?", was dazu führt, dass wir uns als Leser fragen "Was für ein Mensch wäre ich in dieser Situation?". Ein Kämpfer? Ein Aufgeber? Ebenfalls ein spannender Aspekt des Romans ist die Schuld. Ist es erlaubt bösen Menschen etwas Böses anzutun? Wann macht man sich schuldig? Fragen, auf die der Roman keine Antwort gibt, aber zum Überlegen und Diskutieren einlädt. Dabei ist der Roman vor allem für Jugendliche flüssig zu lesen mit seinen kurzen Sätzen und Kapiteln und der verständlichen Sprache. Mit dieser beschönigt Safier nichts, jedoch bleibt manches oberflächlich erzählt und/oder beschrieben. Die Protagonistin und Ich-Erzählerin Mira wirkt sympathisch aber auch sehr modern mit ihren Gedanken und Haltungen. Die Handlung, Führungsfiguren im Ghetto und bei der SS, sowie die Orte und Geschehnisse sind authentisch und wahrheitsgetreu wiedergegeben, die Hauptperson Mira und ihre Familie sind jedoch fiktiv. 

Empfohlenes Lesealter: ab 16 Jahren

Themen: Holocaust, Geschichte, Weltkrieg

Punkte: 4/5

Buchinformationen: David Safier, gebundene Ausgabe, 414 Seiten, Rowohlt oder Kindler Verlag

Montag, 17. Dezember 2018

Rezension: John Boyne "So fern wie nah"


Nach seinem 2006 veröffentlichten Buch "Der Junge im gestreiften Pyjama" war ich skeptisch gegenüber John Boynes Buch "So fern wie nah". Wie auch im vorher genannten Roman spielt dieser in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und behandelt das Leben eines Jungen während Kriegszeiten. 

Handlung
Alfie wächst in einem gutbehüteten Stadtteil Londons auf. Am Tag seines 5. Geburtstags tritt England in den 1. Weltkrieg ein und einen Tag später steht sein Vater in Uniform zu Hause und verkündet, dass er sich freiwillig gemeldet habe. Der Abschied einige Tage später wird für den Jungen traumatisch und ist ein Vorgeschmack für die harten Jahre, die noch folgen. Seine Mutter muss mehrere Arbeitsstellen annehmen, damit sie das Haus behalten können und jeden Tag etwas zu Essen auf den Tisch kommt. Von dem Vater erhalten sie zu Beginn des Krieges noch einige Briefe, jedoch werden diese immer seltener und verwirrender bis er gar nicht mehr schreibt. Alfie wird durch die erzwungenen Umstände in seinem Leben schnell erwachsen und entscheidet, dass er als Schuhputzer im grossen Londoner Bahnhof etwas Geld dazu verdienen könnte. Dort trifft er auf interessante Persönlichkeiten - darunter ist ein Militärarzt, von dem Alfie neues über seinen Vater erfährt. 

Kritik
Bei historischen Romanen wird immer wieder auf die geschichtliche Korrektheit und Authentizität geschaut. Besonders nach seinem Roman "Der Junge im gestreiften Pyjama" habe ich bei der Lektüre besonders auf Sorgfältigkeit der geschichtlichen Erzählung und den Realismus der Handlung geachtet. Erfreulicherweise hält sich der Autor bei diesem Werk sehr daran und malt mit seinen Worten ein Bild Londons zur damaligen Zeit, das sehr zutreffend und detailverliebt ist. Dabei bleibt die Handlung nicht platt oder oberflächlich, sondern geht in die Tiefe und hinterfragt Handlungen des Protagonisten und der anderen Figuren. Gleichzeitig werden Seiten des Krieges aufgezeigt, die besonders zur damaligen Zeit nicht beachtet oder nicht geglaubt wurden. So erhalten die jungen (und vielleicht auch älteren) Leser einen guten Einblick in das Leben während des 1. Weltkrieges. Kurze Sätze, viel Dialoge und kurze Kapitel führen besonders für Kinder und junge Erwachsene zum Lesevergnügen. 

Empfohlenes Lesealter: ab 10 Jahren

Themen: Geschichte, Weltkrieg, Familienschicksal

Punkte: 5 / 5